Casio-Taschenrechner ClassPad300 PLUS
Direkte Berechnung von bgamma-Quantilen
einer Binomial-Verteilung
( B(n,p)-Verteilung mit den Parametern n und p
(n ... positive ganze Zahl, 0 < p < 1) )
Allgemeine Definition:
Die Kennzahl bgamma, 0 < gamma < 1, einer B(n,p)-verteilten Zufallsgröße X
heißt Quantil der Ordnung gamma,
wenn die Ungleichung
P( X < bgamma ) < gamma <
P( X < bgamma )
erfüllt ist.
Die B(n,p)-verteilte Zufallsgröße X besitzt eine diskrete Verteilungsfunktion F(x)
(rechtsseitig stetige Treppenfunktion).
Hat die Gleichung gamma = F(x) keine Lösung,
so ist das gesuchte Quantil bgamma
diejenige ganze Zahl x, welche die Ungleichung
F(x-0) < gamma < F(x) = F(x+0) erfüllt.
Andernfalls (die Gleichung gamma = F(x) hat (mindestens) eine Lösung)
ist bgamma nicht eindeutig bestimmt
und das gesuchte Quantil ist (irgend-)eine Lösung der Gleichung
gamma = F(x) mit x aus demjenigen Intervall [k, k+1),
in dem die (kumulative)
Verteilungsfunktion F(x) gerade auf dem Wert F(x) = gamma verläuft, oder x=k+1.
Die direkte Berechnung der zgamma-Quantile einer
N(my,sigma2)-Normalverteilung war von Anfang an im Main-Menü möglich.
Die direkte Berechnung anderer Quantile war bisher nicht vorgesehen.
Mit der Version 3.00 des Betriebssystems des ClassPad300 PLUS eröffnen sich neue Möglichkeiten
zur Quantilberechnung für stetige und diskrete Verteilungsfunktionen.
Wir betrachten verschiedene Lösungswege zur Berechnung von Quantilen der B(n,p)-Verteilung.
1. Lösungsweg mit der Quantilfunktion im Statistik-Menü (InvBinomialCD)
Aufgabe: Man bestimme das bgamma-Quantil, gamma = 0,95 ,
einer B( 6; 0,3 ) - Verteilung.
Die nachfolgenden Bilder zeigen den Weg durch die Menüs und Untermenüs.
Vom Hauptmenü wird zuerst in das Statistik-Menü gewechselt.
Dort wird das Untermenü Calc (Berechnungen) geöffnet.
Über die Zeile Verteilung kann man das Berechnungsfenster Quantile Binomialvert. öffnen.
Zusätzlich kann im unteren Teil des Bildschirmes ein Hilfe-Fenster geöffnet werden,
was die Eingabe erheblich erleichtet und die Bedeutung der Eingabezeilen erklärt.
Hinweis:
Die symbolische Variable pos gibt den Parameter p der B(n,p)-Verteilung an
(pos = probability of success = Einzelwkt. p).
Die folgenden zwei Bilder zeigen die Lösung im Main-Menü.
Für die Syntax des Quantil-Befehls stehen hier keine Hilfefenster zur Verfügung:
2. Lösungsweg mit der Wertetabelle der Verteilungsfunktion F(x) (Programm BinomialVer)
Aufgabe: Man bestimme das bgamma-Quantil, gamma = 0,95 ,
einer B( 6; 0,3 ) - Verteilung.
Mithilfe eines Programmes (Eigenprogrammierung) wird die Verteilungsfunktion tabelliert und im Main-Menü dargestellt.
Das rechte Bild zeigt die Ergebnisliste der Werte der Treppenfunktion,
wobei der Listenindex gleichzeitig die Sprungstelle
angibt.
In der Sprungstelle x=4 wird das gamma-Niveau durch F(x) erstmalig erreicht und
sofort überschritten.
Damit ist das gesuchte Quantil die Kennzahl b0,95 = 4 .
3. Graphische Darstellung der Verteilungsfunktion F(x) (Treppenfunktion)
Die Programmierung einer Treppenfunktion ist im ClassPad300 möglich und erfordert nur geringen Programmieraufwand.
Zunächst werden die Einzelwahrscheinlichkeiten der Binomialverteilung bereitgestellt,
indem das Programm im 2. Lösungsweg modifiziert wird: statt BinomilCD wird BinomialPD benutzt.
Mithilfe der erzeugten Liste der Einzelwahrscheinlichkeiten (Matrix mlist) und der Einheitssprungfunktion (Signum-Funktion)
kann nun unschwer die gewünschte Treppenfunktion definiert werden. Zunächst wird der Vektor der Einzelwahrscheinlichkeiten
abgespalten und unter der Variablen bf gespeichert. Anschließend werden die Sprungstellen (x-Werte der Binomialverteilung)
als Listenvariable unter bx abgespeichet. Die Signum-Funktion kann nun die Listenvariable bx verarbeiten.
Das Ergebnis wird unter dem Vektor bs abgespeichert.
Schließlich erhält man die gewünschte Treppenfunktion mithilfe des Skalarproduktes dotP(bf,bs)/2.
Zu beachten ist noch, dass der Grafikmodus auf punktweises Zeichnen eingestellt ist,
damit in den Sprungstellen keine senkrechten Kurvenstücke entstehen.
Die Treppenfunktion besteht lediglich aus waagerechten Kurvenstücken.
In den folgenden Bildern erkennt man das Wahrscheinlichkeitsniveau 0,95 an der durchgehend gezeichneten
waagerechten Geraden. Schließlich werden y-Werte der Treppenfunktion unmittelbar vor x=4 bzw. unmittelbar danach berechnet.
Damit wird deutlich, dass das gesuchte 95%-Quantil eindeutig als x=b0,95-Quantil=4 erkennbar ist.
Hinweis:
Die Treppenfunktion der B(n,p)-Verteilung ist bekanntlich rechtsseitig stetig, also auch in den Sprungstellen definiert.
Dieser Umstand wurde in der oben konstruierten Treppenfunktion nicht berücksichtigt.
Mit einer etwas aufwändigeren Funktionsdefinition kann die einseitige Stetigkeit der Treppenfunktion jedoch auch
berücksichtigt werden, wie man in den folgenden Bildern sieht. Die Treppenfunktion wird nunmehr mit der
piecewise-Funktion aufgebaut.
y3(x)=
piecewise(x<bx[1],0,
piecewise(x≥bx[1] and x<bx[2],bf[1,1],
piecewise(x≥bx[2] and x<bx[3],bf[2,1],
piecewise(x≥bx[3] and x<bx[4],bf[3,1],
piecewise(x≥bx[4] and x<bx[5],bf[4,1],
piecewise(x≥bx[5] and x<bx[6],bf[5,1],
piecewise(x≥bx[6] and x<bx[7],bf[6,1],1)))))))
Unter dem Listennamen bx werden die Sprungstellen und unter dem Vektor (Matrix) bf werden
die summierten Wahrscheinlichkeiten (!Verteilungsfunktion) abgespeichert. Die etwas aufwändige Definition der
rechtsseitig stetigen Treppenfunktion wird am besten in einem kleinen Programm DefTrepp vorgenommen,
das dann auch im Main-Menü aufgerufen werden kann.
Die folgenden Bilder zeigen, dass y3(4) tatsächlich den richtigen Wert der Treppenfunktion an der
Sprungstelle x=4 ergibt.
Hinweis:
Die iterative Definition mit der geschachtelten piecewise-Funktion ist zeitaufwändig, wenn sie per Hand programmiert wird.
Eine elegante Lösung bietet sich an, wenn man die Definition über Zeichenkettenbefehle programmiert. In diesem Fall
lassen sich auch Treppenfunktionen mit größeren n-Werten definieren, ohne dass in der Definition für jedes Kurvenstück
jede piecewise-Anweisung einzeln per Hand eingegeben werden muß.
Das Programm DefZeich(n) kann auch im Main-Menü aufgerufen werden. Einzige Einschränkung ist die Zeichenkettenlänge
für y3(x), d.h. der Formelterm für eine Funktion darf eine gewisse Länge nicht überschreiten (hier n maximal 12).
Im Main-Menü muß nur noch der Inhalt von "Kette" ohne die "-Zeichen in eine neue Eingabezeile kopiert werden,
um den Definitionsbefehl ausführen zu können.
4. Beispiel für ein nicht eindeutig bestimmtes Quantil (InvBinomialCD)
Aufgabe: Man bestimme das bgamma-Quantil, gamma = 0,9375 ,
einer B( 7; 0,5 ) - Verteilung.
Lösung: Es gilt F(5) = 15/16 = 0,9375 = gamma und folglich erfüllt jede Zahl
bgamma mit
5 < bgamma < 6 die oben angegebene allgemeine Definition für ein
Quantil der Ordnung gamma.
Mithilfe des kleinen Programms BinomVer(7,0.5) wird die Binomialverteilung tabelliert.
Die Ansicht der erstellten Tabelle ergibt:
In der Sprungstelle x=5 wird das gamma-Niveau durch die Verteilungsfunktion
F(x) exakt erreicht.
Damit ist das gesuchte Quantil nicht eindeutig bestimmt.
Als Kennzahl b0,9375 kann somit
jeder Zahlenwert aus dem Intervall [5; 6] benutzt werden.
Der InvBinomialCD-Befehl des ClassPad300 gibt hier eine der möglichen Lösungen an und zwar xInv=6.
Es gilt also z.B.:
0,7734375 = F(5,0-0) < 0,9375 < F(5,0) = F(5,0+0) = 0,9375000 ;
0,9375000 = F(5,3-0) < 0,9375 < F(5,3) = F(5,3+0) = 0,9375000 oder
0,9375000 = F(6,0-0) < 0,9375 < F(6,0) = F(6,0+0) = 0,9921875 .
Programmvarianten für die Statistik-Taschenrechner
TI-83
und
EL-9600
und
CFX-9850GB PLUS.
Ludwig Paditz,
04. August 2006